Die Bedeutung hinter
der Fotografie "Das Spiel der Gegensätze"

Viele fragen sich, was es mit dem Mönch auf sich hat, dessen Foto im Eingang zu Helen Nicolais Studio hängt.
Auf dieser Seite erfahren Sie mehr zu unserem ungewöhnlichsten Business Portrait.

 
 
 

Meine Geschichte zum Mönch auf der Rolltreppe

 
 
Im Sommer 2011 besuchte ich in der belgischen Hauptstadt das wohl wichtigste Wahrzeichen Brüssels - das Atomium. Das Atomium ist ein Objekt, ein Raum und eine Utopie zugleich. Für mich ist es aber vor allem ein einzigartiger Ort zum Fotografieren! Bei meinem Besuch hatte ich also natürlich meine Kamera bei mir. Als ich das Motiv der Fotografie “Spiel der Gegensätze” sah, zückte ich sofort die Kamera. Der Blitz der Kamera erhellte den kreisrunden, metallischen Tunnel vor mir. Im nächsten Moment drehte sich einer der drei vor mir die Rolltreppe hinunter gehenden Mönche um und lächelte mir zu. Ich wusste sofort, dass diese Fotos besondere Motive sind und mich noch lange Zeit begleiten würden.
Wenn Sie mehr über mein ungewöhnlichstes BusinessPortrait erfahren möchten, lesen Sie die nachfolgenden Fakten zum Atomium und die Bildanalyse des Kunsthistorikers und Autors Thomas R. Hoffmann.
— Helen Nicolai
 
 

 

Das Atomium in Brüssel

Fakten zum Atomium in Brüssel

  • 1958 vom Ingenieur André Waterkeyn zur Weltausstellung in Brüssel entworfen.

  • entspricht einer 165-milliardenfachen Vergrößerung einer Eisenzelle.

  • wiegt 2400 Tonnen und ist 102 Meter hoch.

  • Die Kugeln des Atomiums haben einen Durchmesser von 18 Metern.

  • Die die Kugeln verbindenden Rohre haben einen Durchmesser von 3,3 Metern.

  • Der Aufzug, der die oberste Kugel mit dem Boden verbindet, war zum Zeitpunkt seiner Erbauung der schnellste der Welt.

  • Ein Nuklearreaktor, der heute in der Universität Basel steht, befand sich als Anschauungsobjekt unter dem Atomium.

 
 

Das Spiel der Gegensätze

eine Fotoanalyse von Thomas R. Hoffmann

 

Das Spiel von Ausgangspunkt und Fluchtpunkt

Ein Bild soll wie ein Fenster sein. Dies postulierte um 1435 der Kunsttheoretiker Leon Battista Alberti in seinem Traktat Über die Malkunst als ein modernes Kriterium, um ein Gemälde auf der Höhe der Zeit zu gestalten. In selbiger Abhandlung beschreibt Alberti als zeitgemäßes kompositorisches Prinzip die Ausformung des Bildraumes gemäß der Fluchtpunktperspektive. Diese beiden frühneuzeitlichen Kriterien scheint Helen Nicolai als Basis und Gerüst für ihr Foto mit dem Titel „Das Spiel der Gegensätze“ geschickt zu Grunde gelegt zu haben.

Doch in welchen modernen Bildraum lässt uns Helen Nicolai gleich einem offenen Fenster Einblick nehmen? In den eines Atoms!

Denn der von der Fotografin gewählte, tunnelartige Blick fällt durch eines der 3, 3 Meter Durchmesser betragenden Rohre des Brüsseler Atomiums, das in 165 milliardenfachen Vergrößerung eine aus 9 Atomen bestehende Zelle des Kristallmodells des Eisens darstellt. Um dem Bildraum den Halt zu geben, nutzt Helen Nicolai die Querverstrebungen des Rohres als Gefüge, um das ins Bildinnere führende, sich öffnende Fenstermotiv zu präsentieren. Die Längsverstrebungen – unterstützt durch die Handläufe der Rolltreppe – peilen unweigerlich den zentral im Bildmittelpunkt liegenden Fluchtpunkt an, der als erzählerisches Ziel den Fixpunkt des Fotos darstellt. Am realen Ort erreicht der Betrachter eine der 18 Meter Durchmesser betragenden Kugeln, die ein Atom darstellte.

 
 

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Das Spiel von Tradition und Moderne

Doch der atomare Raum des Brüsseler Atomiums scheint zunächst weit entfernt von einem romantischen Blick auf die Welt. Doch geht man vom grundsätzlichen Denkansatz der malerischen Romantik – die kein Stil, sondern eine Weltanschauung war – aus, so zielten die Künstler jener Epoche auf die Verbindung von Tradition und Moderne ab. Und dieses Prinzip verfolgt auch Helen Nicolai in ihrem Foto. Denn welcher Innenraum könnte programmatischer für unsere moderne Welt stehen, als ein Atom, in dem wir als Betrachter des Fotos geradezu drinstecken und es über die buddhistischen Mönche wahrnehmen dürfen.

Doch fern dieser geschickt angewandten kompositorischen Ordnung geht es Helen Nicolai um weitaus mehr, als um einen nach allen Regeln der Kunst ausgewogen wirkenden atomaren Bildraum. Dieser wird von der Fotografin für die buddhistischen Mönche als Erzählraum nutzbar gemacht. Dabei bilden die lediglich als Rückenfiguren auftretenden Ordensbrüder die geistigen Projektionsflächen für den Betrachter, über die er mit Hilfe der Rolltreppe in die Tiefe geleitet wird. Unweigerlich erinnern die Mönche an Rückenfiguren aus einem romantischen Landschaftsgemälde Caspar David Friedrichs.

Verschmelzung der Gegensätze

Caspar David Friedrichs künstlerischem Statement, dass ein Bild nicht erfunden, sondern empfunden sein soll, folgt Helen Nicolai mit ihrer sensiblen fotografischen Sprache. Nicolai hat ein Gespür für das Einfangen des sinnlich Erfahrbaren (Mönche) im Kontext und gleichsam im Dialog mit dem unsinnlich Unerfahrbaren (Zelle des Kristallmodells des Eisens). Denn an den Wangen der Bewegung suggerierenden Rolltreppe reflektieren sich die orangefarbenen Mönchsgewänder und verschmelzen somit unmittelbar mit dem Umraum. Im Buddhismus ist Orange die Farbe der Weisheit und der höchsten Erleuchtung aber auch der Askese und der Ergebenheit. Die in die Tiefe strebenden buddhistischen Mönche suggerieren in ihrer aus wenigen Einzelteilen bestehenden Kleidung auch Demut in unserer heutigen, sich immer weiter entwickelnden und in die kleinste Materie vordringen wollenden, technisierten Welt.

Und so ergeben die Mönche inhaltlich Sinn im Innern des Atomiums, wurde es doch genau vor 60 Jahren als Symbol für das Atomzeitalter und die friedliche Nutzung von Kernenergie eröffnet. Es war das Wahrzeichen der Expo 58 in Brüssel, der ersten Weltausstellung nach dem 2. Weltkrieg. Dieser fand durch den Abwurf zweier Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki ein Ende – die verheerenden Folgen sind bis heute spürbar. Das offizielle Motto der Expo 58 lautetet „Technik im Dienste des Menschen. Fortschritt der Menschheit und Fortschritt der Technik.“ Dieses Motto bricht Helen Nicolai 50 Jahre später mit ihrem Foto, in dem sie die Mönche als Motiv einbindet und ihre buddhistische Geisteshaltung des ethisch rechten Handelns im eigenen Leben spiegelt.

„Ein Spiel der Gegensätze“, wie man es bildnerisch besser nicht hätte einfangen können.

 
 
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Der Kunsthistoriker, Dozent und Autor Thomas R. Hoffmann kennt die Museumslandschaft Berlins wie seine Westentasche. Nach dem Studium der Kunstgeschichte und Geschichte an der Universität Trier und an der Humboldt-Universität Berlin vertiefte er sich in die Kunstvermittlung. So ist Thomas R. Hoffmann heute freier Mitarbeiter zahlreicher Berliner Museen und Autor von bislang 14 kunsthistorischen Büchern.

 
 
 

“Das Spiel der Gegensätze” in der Kunsthalle der Deutschen Bank

 
 

Helen Nicolai im Interview in der Abendschau (08.04.2013)

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